Die Verwirrung beginnt bereits damit, dass Baukredite zwei Zinssätze ausweisen: a) den sog. Sollzinssatz und b) den effektiven Jahreszinssatz. Welche Rolle spielen die beiden Sätze?
Ein einfaches Beispiel: Ein Baudarlehen wird zu Jahresbeginn mit einem festen Sollzinssatz, also einem über die Darlehenslaufzeit unveränderlichen Zinssatz, angeboten. Vom ersten Monat bis zur vollständigen Tilgung gilt ein und derselbe Satz. Ferner sei unterstellt, die Leistungsrate, also Zinsen und Tilgung, werden einmal jährlich am Ende eines jeweiligen Jahres gezahlt. In diesem Fall entspricht der auf dem Vertrag angegebene Sollzins dem Effektivzins. Das hat damit zu tun, dass der Gesetzgeber von der Vorstellung ausgeht, dass Zinsen jeweils nur einmal im Jahr am Jahresende zu entrichten sind.
Typischerweise bedienen die Bauherren ihre Häusledarlehen aber nicht nur einmal im Jahr, sondern monatlich. Dann aber erhält die Bank oder Sparkasse, die das Darlehen gewährte, die jeweilige Monatsrate zu früh: die Ende Januar fällige Zahlung kann sie für weitere elf Monate bis zum Jahresende gewinnbringend anlegen, die Februarrate für zehn Monate, die Märzrate für neun Monate usw. Also ist der Zinsertrag von 3% jährlich auf 100.000 Euro nicht nur 3.000 Euro. Zu rechnen ist stattdessen wie folgt:
Die Jahreszinsleistung von 3.000 Euro wird auf die zwölf Monate des Jahres verteilt, also monatlich jeweils 250 Euro. Auf die letzte Rate des Dezembers erzielt der Kreditgeber keinen zusätzlichen Zinsgewinn, denn sie ist erst am Jahresende fällig, auf die Novemberrate werden Zinsen für einen Monat erzielt: 250 Euro mal 3% geteilt durch 12 ergibt 62,5 Cent, auf die Oktoberrate werden 1,25 Euro erzielt, auf die Septemberrate 1,875 EUR usw. Insgesamt resultieren die nachfolgenden Zusatzerträge:
0 + 0,625 + 1,25 + 1,875 + …….+ 6,875
Alles in allem ergibt sich ein Wert von 41,25 EUR. Mithin erhält das Geldhaus am Jahresende nicht nur 3.000 Euro, sondern sogar 3.041,25 Euro. Der effektive Jahreszinssatz ist deshalb 3,041%. Er liegt also oberhalb des Sollzinses.
Weitere Faktoren treiben den Effektivzinssatz nach oben:
- Bearbeitungsgebühren. Nach der geltenden Rechtsprechung sind allerdings die Gebühren für die Gewährung eines Darlehens als rechtswidrig einzustufen und können zurückverlangt werden.
- Auszahlungsabschläge (auch genannt: Disagio oder Damnum). Ist von vornherein vertraglich vorgesehen, dass nicht das volle Darlehenskapital zur Auszahlung gelangen soll, so verzinst der Bauherr das im Vertrag aufgeführte Geld, ohne dieses jemals in voller Höhe erhalten zu haben. Bei Berechnung des effektiven Jahreszinses werden die Zinsen auf das tatsächlich empfangene Geld bezogen. Auch damit steigt der Effektivzins über den Sollzinssatz.
Grundsätzlich wird deshalb der effektive Jahreszinssatz eines Darlehens stets oberhalb des Sollzinssatzes liegen. Es gibt allerdings eine wichtige kuriose Ausnahme.
Nach den einschlägigen rechtlichen Vorschriften ist der Effektivzinssatz bezogen auf die gesamte Darlehenslaufzeit bis zur Volltilgung des Kredites zu berechnen. Das dauert zumeist fast 30 Jahre. Nimmt der Kunde einen Kredit mit einem Festzins für zehn Jahre auf, plant aber, diesen erst in den anschließenden 20 Jahren zu tilgen, so kalkuliert das Geldinstitut wie folgt: Für die ersten zehn Jahre gilt ein Effektivzins – wegen der monatlichen Zahlungen knapp oberhalb des Sollzinssatzes. Für die weiteren 20 Jahre wird dagegen so getan, als ob der aktuell geltende veränderliche Zinssatz für Kredite, deren Verzinsung sich dem Auf und Ab des Zinsmarktes anpasst und die innerhalb von einem Vierteljahr gekündigt werden können, für weitere 20 Jahre fest vereinbart werden kann. Der effektive Jahreszinssatz des Kreditvertrages ergibt sich dann als ein Durchschnittswert für die beiden Darlehensetappen. Da dieser sog. variable Zinssatz im Regelfall unterhalb von Festzinssätzen notiert, liegt dann der effektive Jahreszinssatz für den Gesamtkredit unterhalb des Sollzinssatzes und verwirrt den Schuldner.
Dies aus dem folgenden Grund: Die Effektivzinsberechnung hat zum Ziel, unterschiedlich ausgestaltete Kreditverträge miteinander vergleichen zu können. Der Effektivzins ist somit jene Maßzahl, auf die es ankommt, will man einen möglichst günstigen Kredit aufnehmen. Dieser Satz interessiert den Kunden aber nur bis zum Ende der Zinsfestschreibung. Nach Ablauf der gewählten Zinsbindungsfrist wird er ohnehin wieder frei, kann sich für die Fortsetzung der Finanzierung somit eine andere Bank suchen. Dann macht es aber keinen Sinn, auch noch weitere Zinssätze in die Berechnung der Effektivverzinsung einzubeziehen, die für den Darlehenskunden einerseits ohne Bedeutung sind, sich andererseits zudem bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist auf jeden Fall verändern werden. Diese Handreichung des Gesetzgebers entpuppt sich als ein Bärendienst für kreditsuchende Darlehensnehmer.
Was sollte man sich merken?
Für Darlehen mit festgeschriebenen Zinsen gilt: Effektive Jahreszinssätze, die unterhalb des Sollzinssatzes liegen, sollte man nicht beachten. Der wichtige Zinssatz ist dann der Sollzins, den man bei einer Auswahl zwischen verschiedenen Krediten mit einheitlicher Zinsbindung vergleichen kann. Voraussetzung ist, dass kein Disagio und keine Bearbeitungsgebühren erhoben werden. Für Finanzierungen, die mit einem Bausparvertrag verbunden sind, gelten andere Entscheidungsgrundsätze, die Gegenstand eines weiteren Artikels sind.
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